Alegría
Dem Leben den Schneid abkaufen
Es ist nicht schwer, die schlechten Nachrichten zu finden. Einfach kurz mal einen Blick in die Medien werfen, und spätestens dann bist du da. Eine echte Kunst ist es aber, im Angesicht all des Leids, der Probleme, der großen Herausforderungen, die einem das Leben auftischt, die Lebensfreude zu behalten.
Aber das geht noch weiter. Wenn ich mich für Lebensfreude und Lebenslust entscheide, dann ist das ein radikaler, subversiver Akt. Ich stelle all dem Leid und Schmerz der Welt etwas anderes Gegenüber, nämlich eine unbeugsame Lebendigkeit. Manchmal ist das, was so leicht und unscheinbar daherkommt eben genau dieser berühmte Flügelschlag des Schmetterlings, der einen Orkan auslöst.
Kapitel:
- 00:00:00 Intro
- 00:00:26 Alegría – Solo
- 00:02:30 Von der Kunst, zu leben
- 00:08:40 Alegría (Remix)
- 00:14:41 Outro
Transkription
Alegría
Am Rand der Welt
Am finstren Abgrund
Vor dräuend schwarzen Wolkenwänden
Im Schwindel der verschlingenden Nacht
Im Stickicht des Gewitterabends
Im schrillen Schreien des Todes Nein
Vor kreischenden Wahnsinns dünner Wand
der kalt erwürgt meinen Verstand
Werd ich ein kleines Feuer entfachen
Hier am Rande tanzen lachen
An der Klippe
Handständ’ machen
Der Liebe meinen Funken geben
Sie heute nähren durch mein Leben
Feuer brenne
Feuer scheine
Nimmt der dunklen Nacht die Macht
Ich wars
der das Lied gesungen
Ich war es
der Licht gemacht
©️ Lachender Bach/Peter Müller 2025
Von der Kunst, zu leben
Dem Abgründigen im Leben entkommen ich ja nicht, trotz aller Vorkehrungen und Versicherungen, bei allem Lernen, mit all meinem Wissen und meinen besten Vorsätzen. Sei es auf der großen Bühne der Weltpolitik oder in der nicht weniger dramatischen Kleinkunstbühne meines eigenen Lebens. Auch wenn ich mir gerne glauben mache, ich könnte so etwas wie Sicherheit schaffen und mich damit abstrample, gute Vorsorge zu betreiben – das Leben hat immer auch dieses gänzlich Unvorhersehbare und Unkontrollierbare an sich, dass mich dann doch wieder erwischt. Wie gehe ich damit um?
Ich liebe es, in der Natur zu sein. Auf meinen langen Waldspaziergängen fasziniert mich, wie trotz aller Widrigkeiten die lebendige Welt immer wieder Wege findet, weiter zu leben. Da sprießen aus umgeknickten Bäumen neue Triebe. In irrwitzig winzigen Felsspalten verwurzeln sich Kräuter, Büsche, Bäume, manchmal sogar auf dem Korpus eines verrottenden Baums. An steilsten Felswänden klammert sich das Leben fest und wächst zu diesem einen, einmaligen Ausdruck des Lebendigseins. Jedes Fleckchen, und sei es so vorübergehend wie eine Sandbank im sommerlichen Fluss, die beim nächsten Starkregen schon wieder verschwunden ist, wird zur Leinwand, auf der sich das Kunstwerk des Lebens entfaltet.
Das Leid der Welt kann ich nicht beseitigen. Was ich aber kann, ist in der Dunkelheit mein Licht scheinen zu lassen. Keiner – und am wenigsten ich selbst – gewinnt, wenn ich Trübsal blase. Es ist ein Irrweg, sich nur mit den Problemen zu befassen und sie lösen zu wollen. Versteh mich nicht falsch, wir tun sehr gut daran, uns unseren eigenen Kram anzuschauen, aus Fehlern zu lernen und unangenehme Dinge anzugehen und so Raum für Notwendiges, Nützliches und Schönes im eigenen Leben und Umfeld zu schaffen. Und manchmal ist Widerstand Pflicht. Wenn ich mich allerdings ausschließlich damit befasse, dann hab ich mich verloren. Das, was meinen Kern ausmacht, ist einer Verbohrheit und Verhaftetheit gewichen. Kein guter Ort, um da zu sein.
Es ist ein mutiger, visionärer und zutiefst subversiver Schritt, der Freude und dem Licht Raum in meinem Leben zu geben. Mich dennoch – also im Angesicht dieses knallhart brutalen Wahnsinns, der gerade um uns herum abläuft – mich dennoch der Fröhlichkeit und Lebenslust hinzugeben, trotz all der Finsternis, die es um mich herum gibt. Oder vielleicht sogar ja deswegen … Ich weiß nie, welcher Same daraus entstehen mag. Für diese Kunst der leichten Lebensfreude gibt es im Spanischen erstaunlicherweise ein Wort – Alegría.
Alegría ist die leichte Lebensfreude – und leicht bedeutet nicht oberflächlich oder banal, sondern ganz im Gegenteil – es braucht einen klaren Geist, viel Mut, Vertrauen in sich selbst und ins Leben, um im Angesicht all der Finsternis um mich herum die Entscheidung zu treffen, mich für die Lebensfreude und Lebenslust zu entscheiden. Das ist nichts weniger als eine Kunst!
Dieses Gedicht möchte ich einer wunderbaren Frau namens Alegría widmen. Von ihr hab ich viel darüber gelernt, dass es meine Entscheidung ist, ob ich das Glas halb leer oder halb voll sehe; ob ich auf das schaue, was nicht ist, oder auf das, was möglich ist; dass ich entscheide, wie ich mich in der Welt zeige und was ich in die Welt bringe. Danke, Alegría. Das hier ist für Dich.
Outro:
Wie geht’s dir gerade? Wenn du in dich hinein horchst und fühlst, was ist es, das sich gerade in dir bewegt?
Und es ist, was es ist. Freiheit heißt, nicht getrieben zu sein, sondern zu entscheiden, wie ich von hier aus weitergehen möchte.
Dieser Podcast geht hier aber erst mal nicht weiter. Oder ja doch, mit der nächsten Episode. Die bekommst du ganz sicher, wenn du den Podcast abonnierst, also bitte, gerne. Lass auch gern einen Kommentar da – geht jetzt übrigens auch auf Spotify, falls du da hören solltest – und eine paar Sternchen. Und vor allem, lass dein wunderbares Licht scheinen in der Welt.
Mein Name ist Lachender Bach, ich bin Poet, Tänzer, Mystiker, Naturcoach und Menschenflüsterer. Ich bedanke mich fürs Zuhören, bis zum nächsten Mal.