Zeit zu gehen – Wie der Tod dein Freund wird – Gedicht
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Zeit zu gehen

Wie der Tod dein Freund wird

Abschiede können richtig hart sein, besonders wenn ich sie nicht gewählt habe. Sie sind aber auch Neubeginn, denn das Leben geht nun anders weiter. Ich kann deshalb ja auch eine Haltung einnehmen, in der ich auf die neuen Möglichkeiten schaue, die eine Trennung, Kündigung, ein Verlust oder eine Veränderung mit sich bringt. Das meist alles andere als einfach. Es hat aber eine Wirkung, das Alte loszulassen und mich bewusst dem offen Raum zuwenden.

Kapitel:

  • 00:00:00 Intro
  • 00:00:26 Zeit zu gehen – Solo
  • 00:02:20 Mach den Abschied zu deinem Freund
  • 00:10:54 Zeit zu gehen (Remix)

Klicke auf den Link, um den Artikel von Gladys McGarey über’s Loslassen (englisch) zu lesen.

Transkription

Zeit zu gehen

Muss mich häuten
Altes lassen

Was mich einst gehalten
Lässt mich jetzt eralten
Schwere Stickichkeit
Keine Luft zum Atmen
Zwischen mir und aller Welt
Altbekannte Falten

Warst mir einst so kostbar
einzig
Jetzt ist Zeit zu gehen
Ich lasse mich
vom Wind verwehen
Gehe mit der Dämmerung
Ins Dunkel dieser Sternennacht
Kalt
Allein

Der Horizont ist unklar
Trau ich mir
Mich durchzufinden

Bis in einer neuen Haut
Neuen Morgen ich geschaut

©️ Lachender Bach/Peter Müller 2024

Mach den Abschied zu deinem Freund

Bei aller Angst, die ich oft vor der Zukunft habe, vergesse ich so leicht die Frage, woher denn diese Augen kommen, durch die ich die Welt gerade sehe. Denn wenn ich mal einen Schritt zurücktreten und auf das sehe, was ich als Mensch geworden bin, dann erkennen ich, wie wir als lebendige Wesen, als Säugetiere und schließlich als Menschen durch viele Milliarden Veränderungen gegangen sind. Das war eine unglaublich lange, unkontrollierbare Abfolge von zufälligen und unvorhersehbaren Einwirkungen, an deren Ende irgendwann der Homo Sapiens stand. Ja, und das stehe ich also, Homo Sapiens, in diesem Sekundenbruchteil der Geschichte unserer Welt, und werfe meinen kurzen Blick auf die Wirklichkeit des Seins. Das tue ich mit diesen Augen, die mir von meinen Vorvätern und Vormüttern überlassen wurden. 

Weil ich ein neugieriger Mensch bin und unter anderem Wissenschaft faszinierend finde, sehe in die enormen Zufälle, die zu einem Universum geführt haben, in dem wir leben können und auch tatsächlich leben. Es ist eigentlich sehr unwahrscheinlich, sagt die Wissenschaft, dass all die Faktoren dafür zusammenkommen. Aber hier sind wir nunmal, und machen und hören Podcasts.

Wenn ich also all das erkenne, und es vielleicht ja als Geschenk wahrnehmen kann, nämlich, dass ich existiere und lebe, dann kann ich so etwas wie Dankbarkeit entwickeln. Ich kann Vertrauen in das entwickeln, was mich und alles andere ins Sein gebracht und da Tag für Tag erhält; und das ist möglicherweise mehr als bloße Ursache und Wirkung. Leben ist ewig werden. Es ist das, das ewig immer wird. Und ewig ist, was immer wird.

Der Philosoph Wilhelm Schmid schreibt in seinem kleinen Büchlein über Glück im Zusammenhang mit der Frage nach dem, was dem Leben Sinn gibt: „Ein möglicher Zweck, geradezu der Sinn des Lebens, kann darin zu sehen sein, als Einzelner eine Variation des Lebens ins Spiel zu bringen und ihre Lebbarkeit zu erproben, denn so prozediert alle Evolution des Lebens.“ Wer jetzt über „prozediert“ gestolpert ist – ich musste es auch nachschlagen, es bedeutet: „zu Werke gehen, verfahren“. Er meint also: Alle Evolution des Lebens funktioniert nur, weil ständig Neues in die Welt kommt und ausprobiert wird.

Damit Neues werden kann, muss immer wieder Altes gehen. Wie sehr hänge ich aber doch oft noch an dem Alten, und wie schwer fällt es mir, es loszulassen, manchmal selbst wenn es mich plagt. Wie schmerzhaft kann es sein, etwas Vertrautes zu verlieren! Denn gar nicht so selten hört ja etwas Bekanntes auf und alles, was ich sehen kann, ist das, was ich gerade verloren habe – das Neue, das entstehen will, das sehe ich nicht.

Die amerikanische Ärztin Glady McGarey, eine wirklich interessante Frau, hat 2023 im stolzen Alter von 102 Jahren einen Artikel verfasst. Darin geht es darum, wie glückliche und gesunde Menschen mit Dingen umgehen, die ihnen nicht gut tun – sie lassen sie gehen. Du findest den Link in den Shownotes. Herausforderungen gibt uns das Leben genug. Nach ihrer Beobachtung liegt das Geheimnis für ein ein sinnerfülltes und glückliches Leben darin, Dinge loszulassen und die eigene Energie und Aufmerksamkeit lieber auf das zu richten, was man stattdessen – also mit dem neu gewonnenen Freiraum – aufbauen und entwickeln möchte.

Das Leben stellt mich immer wieder vor neue Rätsel, Stunts, Leidenschaften, Heureka-Momente, Herausforderungen, Chancen, Abgründe und manchmal sehr schmerzhaftes Scheitern. Dabei kann ich zeigen, aus welchem Holz ich geschnitzt bin, wes Geistes Kind ich bin, bei was mein Herz wirklich ist. Dieser Spielplatz des Lebens ist die Einladung und Gelegenheit, mich ganz einzubringen, mich ständig neu zu erfinden, und dabei der zu werden, der ich bin. Mich einzu-lassen und zu ent-wickeln. 

Und irgendwann erkenne ich auf einmal: Der Tod des Alten ist die Tür zum Neuen.

Outro:

Mein Name ist Lachender Bach, ich bin Poet, Tänzer, Mystiker, Naturcoach und Visionssucheleiter. 

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Dieser Podcast erscheint ohne festen Zeitplan, wie sich halt das Leben ereignet und die Verse kommen. Also am besten folgst du mir, dann bekommst du alle neuen Folgen. Schau einfach ab und zu mal rein. Mehr über mich und andere Angebote findest du auf lachenderbach.de

Danke fürs Zuhören, und – lass es fließen im wilden Strom des Lebens.

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