Feines - Gedicht - Lachender Bach - Frau mit schönen Beinen geht auf einem Weg
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Feines

Einen Moment lang ganz lebendig

Die Schönheit, so sagt man, liegt im Auge des Betrachters. Wie wunderbar es ist, wenn sie ganz unverhofft meine Bahn kreuzt. Oh, dieser großartige Moment, wenn ich von einer attraktiven Frau entflammt bin! 

Aber wie leicht verliere ich mich dann im Objekt der Begierde. Wenn ich aber so drüber nachdenke – Schönheit, Erotik, Sinnlichkeit entsteht immer zu allererst in meinem Inneren. Sie in mir wahrzunehmen ist eine Lebenskunst, eine Liebeskunst, die pure Lebenslust. Wenn ich sie lasse, kann sie mich tragen und ich muss mich nicht von ihr treiben lassen.

Kapitel:

  • 00:00:00 Intro
  • 00:00:26 Feines – Solo
  • 00:02:25 Schönheit ist das Antlitz Gottes
  • 00:09:09 Feines (Remix)
  • 00:12.01 Outro

Das Gedicht in dieser Episode sprach Viktor Pavel.

Foto von Tania Lyahnovich auf Unsplash

Transkription

Feines

Deine Beine
Meine Feine
Deine langen
Schönen Beine

Wie sie so elegant
Unter deinem Rock
Den Weg begehen
Pure Poesie

Dein strammer ovaler Po
Wie das Licht auf dem Rock sich spiegelt
Die Aufrechtheit Deines Gangs
So aufrecht Dein Gang
Als sei jeder Schritt bewusst gewählt
Was er vielleicht auch ist
Blondes Haar glänzt
In der Abendsonne

Wie’s wohl wär
Dich mal zu kosten
Deine Farben leuchten lassen
Mit Dir durch Dick und Dünn
Bis der ganze Champagner
Ganz restlos ist verspritzt
Uns ganz im Tanz des Vergessens fassen
Wo’s nur noch ist
Wo ganz langsam
Ganz freudig
Ganz dankbar
Wir uns haltend lassen

Zutiefst berührt
In aller Freiheit
Mit offenem Visier
Und mehr noch
Mit offenem Herzen

Doch gehst Du den Deinen Weg
Und ich den meinen
Der Moment der vibrierenden Kathedrale
War nur von mir gehabt
War nur der meine
Der Feine

So wie nur Du sie hast
Deine Beine

©️ Lachender Bach/Peter Müller 2025

Schönheit ist das Antlitz des Göttlichen

Jede Geschichte hat einen Anfang. Diesem Anfang wohnt, wie es Hermann Hesse so schön und inzwischen ja schon sprichwörtlich formuliert hat, ein Zauber inne, der uns beschützt und hilft zu leben. Was viel weniger bekannt ist: in Hesses Gedicht, das den Titel „Stufen“ trägt, geht’s eigentlich um den Wandel, also das ständige Werden und Vergehen. Und weil das Loslassen für uns oft so schwer ist, sagt er, schenkt uns das Leben diesen Zauber des Neuen, der uns mit seiner elektrisierenden Energie den Mut und die Kraft gibt, uns wieder neu einzulassen.

Wenn du diesen Zauber schon einmal erlebt hast, weißt du: der hat tatsächlich etwas Magisches. Wie kommt’s, dass ich so nichts ahnend meines Weges gehe, und dann, auf einmal, aus heiterem Himmel, begegnet mir etwas, das alles verändert. Im Englischen gibt es diese schöne Redewendung, it makes me come alive. Etwas lässt mich lebendig werden. Es ist, als ob mich eine Energie durchfährt und mich aus meinem Schlummer erweckt. Das Leben hat auf einmal Farbe, Feuer, Intensität.

Und ich weiß nicht, wie’s dir geht, aber für mich hat Schönheit hat so eine Wirkung. In seinem Männerklassiker Eisenhans beschreibt James Bly einen Moment, als er mit 16 auf einem Jugendcamp im Speisesaal irgendeine langweilige Aufgabe erledigt. Da geht auf einmal die Tür auf und ein schönes Mädchen betritt den Raum. Alles ist anders, nachdem diese Schönheit auftaucht. Der Raum verwandelt sich, der Fokus des jungen James ist völlig absorbiert von diesem Mädchen, das er ja überhaupt nicht kennt, und doch ist er völlig im Bann dieses Mädels. Der erwachsene James, der in diesem Buch über die Erfahrung reflektiert, sieht in diesem Moment nicht etwa überschießende Hormone oder eine ähnlich flache Erklärung, die wir bei sonst ja gern mal zur Hand haben. Im Nachdenken über das, was ihm das passiert ist, sieht er nicht weniger eine Berührung durch das Göttliche. Schönheit, so sagt er, ist ein Hinweis auf das Göttliche, nachdem wir uns alle sehnen. Ich würde es so formulieren: Schönheit ist das Antlitz Gottes.

Dann gibt es da aber in diesem Entflammtwerden, in diesem Lebendigwerden auch noch einen leicht zu übersehenden Aspekt, nämlich wahrzunehmen, wer denn da gerade entflammt wird. Natürlich gibt es diese wunderbaren Geschichten, in denen die Flamme nicht nur einseitig ist, sondern sich zwei Flammen  gegenseitig umzüngeln und immer höher lodern lassen. Liebe und Sinnlichkeit sind etwas Wunderbares, das Salz in der Suppe des Lebens! 

Ich meine aber das, was noch vor Romeo und Julia kommt. Dieser Moment, in dem der Zauber in mir entsteht. Da ist noch keine Geschichte geschrieben, kein Wort gesprochen, kein Move gemacht. Wenn ich hier einmal kurz innehalte und mich selbst beobachte, dann sehe ich, dass ich ja derjenige bin, in dessen Geist – und auch in dessen Hormonsystem, ich bin ja Mensch, und Mann – dieser Moment entsteht. Alle Geschichten, die möglicherweise einmal daraus entstehen werden, haben hier ihren Anfang – in meinem Bewusstsein, in meinem Erleben. 

In einem solch wunderbar lebendigen Moment kann ich vielleicht ja einen Schritt von mir zurücktreten und mich einfach daran freuen, dass ich mich gerade freue. Ich muss gar nichts mehr tun, sondern nehme einfach wahr, wie in meinem Geist dieses Feuerwerk der Schönheit, der Lust und Lebenslust stattfindet. Damit entsteht ein Moment echter Freiheit. Der heißt nicht unbedingt, dass ich bei der reinen Innenschau stehenbleibe. Aber er bedeutet, dass ich es kann – oder damit weiter gehen kann.

Was das Gedicht heute angeht – ich schwör’s, das hat sich tatsächlich genau so zugetragen, wie ich es hier in Worte gegossen habe! Die schöne Frau ging ihres Weges, wahrscheinlich ohne mich überhaupt bemerkt zu haben. Aber ich, und jetzt vielleicht ja auch Du, hatte einen wunderbar lebendigen Moment. Den hab ich mit einem Gedicht gefeiert, und so lebt und klingt er weiter.

Outro:

Ja, uns so sind wir am Ende angekommen. Es bleibt in mir aber noch sowas wie ein Zweifel, ob ich es denn wagen kann, im Zeitalter von #metoo überhaupt so ein Gedicht zu schreiben – naja, schreiben vielleicht ja schon, aber veröffentlichen? Der Shitstorm droht ja immer gleich um die Ecke. Aber ich hab den Mut und dazu vielleicht noch eine Anekdote. Vor paar Jahren war ich mal im Urlaub in Spanien auf einer Milonga – so nennt man einen Event, bei dem Tango getanzt wird – und hab meinen Mut zusammengenommen und eine hübsche, sehr elegante Tänzerin angesprochen und ihr gesagt, wie attraktiv ich sie finde. Wir kamen ins Gespräch, sie bedankte sich dafür und erzählte mir, wie sehr sie sich darüber freue, und wie rar das doch heute ist, dass Männer sich trauen, eine Frau anzusprechen, eben genau aus dieser Unsicherheit. Das ist wirklich jammerschade, denn damit nehmen wir uns ein großes Stück Lebendigkeit. Champagner ist schließlich zum Trinken da!

Sprecher in dieser Episode war Viktor Pavel – danke Viktor!

Ich wünsch dir in all den vielen Dingen, die wir ja dauernd immer zu erledigen haben, Momente der Muße, in denen du die Augen für die Schönheit um dich rum öffnen kannst. Denn die Schönheit liegt ja bekanntermaßen im Auge des Betrachters, und der Betrachterin. 

Und damit sag ich ciao für heute, freue mich wie immer über Kommentare und Likes. Und vielleicht kennst du ja jemanden, dem dieser Podcast gefallen könnte – empfiehl mich doch bitte weiter.

Mein Name ist Lachender Bach, ich bin Poet, Tänzer, Mystiker, Naturcoach und Menschenflüsterer.

Danke fürs Zuhören und Dabeisein, und – lass es fließen im wilden Strom des Lebens

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